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Gesundheitliches Wohlbefinden von Kindern – Fremdeinschätzung (ATHIS)

Gesundheitsbezogene Lebensqualität schließt deutlich mehr ein als lediglich Aussagen zum individuellen Gesundheitszustand. Das diesbezügliche Wohlbefinden hat sowohl physische, psychische als auch soziale Dimensionen.

Zur Erfassung dieser Lebensqualität wird im Rahmen der regelmäßig – derzeit alle fünf Jahre – durchgeführten österreichischen Gesundheitsbefragung (ATHIS – siehe Befragungen zur Kindergesundheit – ATHIS) seit 2019 ein dafür entwickelter standardisierter Fragebogen, KINDL-R genannt, verwendet. Zur Anwendung kam bisher die Kurzform des KINDL-R, ein methodisch geprüftes und flexibles Instrument, welches rasch durchführbar ist. Es gibt eine Selbstbefragungs- und Fremdbefragungsvariante in jeweils unterschiedlichen Altersversionen für Kinder bzw. Jugendliche von 3 bis 17 Jahren. Da bei der Gesundheitsbefragung die Einschätzung der Eltern eingeholt wurde (Fremdeinschätzung oder Proxybefragung), kam beim ATHIS 2019 die Fremdbefragungsversion zum Einsatz.
Themenbezogene Selbsteinschätzungen von Kindern finden sich (mit anderen Instrumenten und längere Zeitreihen) beispielsweise in den HBSC-Studien, siehe Befragungen zur Kindergesundheit – HBSC.

Der KINDL-R folgt grundsätzlich einem krankheitsübergreifenden Ansatz und dient somit der Erfassung der Lebensqualität sowohl gesunder als auch kranker Kinder. Seine Kurzform umfasst zwölf Fragen zu den folgenden sechs Lebensbereichen:

Einleitung: Bei den nun folgenden Fragen geht es um das gesundheitliche Wohlbefinden Ihres Kindes. Bitte überlegen Sie, wie sich Ihr Kind in der letzten Woche gefühlt hat und wählen die Antwort, die am besten für Ihr Kind zutrifft.
Antwortmöglichkeiten jeweils: nie (1) – selten (2) – manchmal (3) – oft (4) – immer (5)

LebensbereichFragen
Körper bzw. körperliches WohlbefindenIn der letzten Woche …... hat mein Kind sich krank gefühlt.
... hatte mein Kind Kopfschmerzen oder Bauchschmerzen.
Psyche bzw. emotionales WohlbefindenIn der letzten Woche …… hat mein Kind viel gelacht und Spaß gehabt.
... hatte mein Kind zu nichts Lust.
SelbstwertIn der letzten Woche …... war mein Kind stolz auf sich.
... mochte mein Kind sich selbst leiden.
Familie bzw. Wohlbefinden in der FamilieIn der letzten Woche …... hat mein Kind sich gut mit uns als Eltern verstanden.
... hat mein Kind sich zu Hause wohl gefühlt.
Freunde bzw. Wohlbefinden in Bezug auf Freunde/GleichaltrigeIn der letzten Woche …... hat mein Kind mit Freunden gespielt/etwas mit Freunden zusammen gemacht.
... hat mein Kind sich gut mit seinen Freunden verstanden.
Kindergarten/Schule bzw. Schulisches WohlbefindenIn der letzten Woche …... hat mein Kind die Aufgaben im Kindergarten/in der Vorschule/die Schulaufgaben gut geschafft.
... hat meinem Kind der Kindergarten/die Vorschule/der Unterricht Spaß gemacht.

Die Ergebnisse der Elternangaben zu jedem Lebensbereich werden auf Skalen, welche jeweils Werte in einem Bereich von 0 (geringste Lebensqualität) bis 100 (höchste Lebensqualität) einnehmen können, berichtet. Auch eine Zusammenfassung zu einem Gesamtwert für das gesundheitsbezogene Wohlbefinden auf einer ebensolchen Skala ist zulässig.

In der Gesundheitsbefragung 2014 wurde der KINDL-R noch nicht angewendet und stattdessen einige Fragen zu Verhaltensauffälligkeiten und gesundheitlichen Beschwerden der eigenen Kinder gestellt. Da diese aber 2019 nicht wiederholt wurden, werden sie an dieser Stelle nicht berichtet und können im entsprechenden Annex nachvollzogen werden.
Gesundheitliches Wohlbefinden abhängig davon, ob Kinder einen speziellen Versorgungsbedarf (lt. CSHCN-Screener) haben, wird im Factsheet Behandlung bzw. Beratung und gesundheitliches Wohlbefinden von Kindern mit speziellem Versorgungsbedarf beleuchtet.

Bezug zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes
Artikel 24 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes normiert die Gesundheitsvorsorge. Danach erkennen die Vertragsstaaten das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an, sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit. Die Vertragsstaaten bemühen sich sicherzustellen, dass keinem Kind das Recht auf Zugang zu derartigen Gesundheitsdiensten vorenthalten wird.

Der aus den Elternangaben 2019 berechnete durchschnittliche Gesamtwert der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen betrug 85,0 Punkte, bei den Mädchen (84,9) praktisch gleich viel wie bei den Buben (85,2).
Allerdings hatten die Mädchen beim Bereich „Körper“ einen geringeren Wert als die Buben (84,8 bzw. 87,3), dafür bei „Kindergarten/Schule“ einen höheren Wert (85,5 bzw. 82,8). In den übrigen Dimensionen können, wie beim Gesamtwert, keine wesentlichen Geschlechterunterschiede festgestellt werden.
Der Lebensbereich „Familie“ wurde sowohl insgesamt (91,5 Punkte) als auch für die Buben (91,6) und die Mädchen (91,4) am besten bewertet. Für alle anderen Bereiche wie auch den Gesamtwert lagen die Werte insgesamt und bzgl. der Geschlechter zwischen 82,2 und 87,3 Punkten.

Über die Altersgruppen hinweg verringerte sich der Gesamtwert von 86,9 Punkten bei den 3- bis 6-Jährigen kontinuierlich auf 82,5 Punkte bei den 14-17-Jährigen. Dieser Trend fand sich auch in den Dimensionen „Psyche“, „Selbstwert“ und „Kindergarten/Schule“ und etwas schwächer ausgeprägt bei „Familie“ und „Freunde“.

Die oben beschriebene Tendenz (etwas geringer bewertetes Wohlbefinden bei steigendem Alter) setzt sich in den meisten Lebensbereichen auch gegliedert nach Geschlechtern fort. Nur bei den Buben bezüglich „Familie“, „Körper“ und „Freunde“ und bei den Mädchen ebenso bezüglich „Körper“ zeigte sich praktisch kein altersspezifischer Effekt. Bei den Mädchen wurde das schulische und familiäre Wohlbefinden der 7- bis 10-Jährigen etwas höher eingeschätzt als das der 3- bis 6-Jährigen.
Über alle Altersklassen wurde nach der Familie bei den Buben die Dimensionen „Körper“ vor „Psyche“, bei den Mädchen „Schule“ vor „Körper“ am besten bewertet. Die schlechtesten Bewertungen erhielten bei den Buben der Bereich „Freunde“ und bei den Mädchen der Bereich „Psyche“, jeweils jedoch auf ähnlich hohem Niveau wie die meisten anderen.

Betrachtet man die Elternangaben zum Wohlbefinden der eigenen Kinder in den einzelnen Bundesländern, so zeigt sich, dass die Bewertungen überall recht ähnlich hoch ausfielen. Am besten eingeschätzt wurde es in der Steiermark (88,2 Punkte), am schlechtesten in Wien (83,5).

Die Staatsangehörigkeit und der Migrationshintergrund (d.h. beide Elternteile wurden im Ausland geboren) spielten keine bedeutende Rolle. Die Gesamtwerte für Kinder mit österreichischer (85,0 Punkte) oder nichtösterreichischer (85,1) Staatsangehörigkeit sowie ohne Migrationshintergrund (84,9) oder mit (85,3) waren alle sehr ähnlich.

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