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Subjektiver Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen – Selbsteinschätzung (HBSC)

Der Gesundheitszustand von Kindern hat sich seit dem Beginn der Modernisierung stetig verbessert. Unter anderem Verringerungen der Säuglings- und Kindersterblichkeit und Verbesserungen in der Behandelbarkeit von übertragbaren Krankheiten im Kindesalter führten zu diesen positiven Veränderungen.
Allerdings hat sich das Krankheitsspektrum verändert, und heute sind es vor allem chronische Krankheiten, psychische und psychosomatische Beschwerden sowie Verhaltensauffälligkeiten, von denen Kinder und Jugendliche betroffen sind.

Üblicherweise werden zur Beschreibung des Gesundheitszustandes Daten aus nationalen Morbiditäts- und Mortalitätsstatistiken herangezogen. Für die Zeit nach der frühesten Kindheit ist deren Informationsgehalt jedoch relativ gering, da Krankheiten und Todesfälle in der Lebensphase bis zur Teilnahme am motorisierten Verkehr selten sind. Laut Studien hängt die subjektive Gesundheitswahrnehmung stark mit dem tatsächlichen mentalen oder physischen Gesundheitszustand zusammen.

Eine Selbsteinschätzung des subjektiven Gesundheitszustandes von 11-, 13-, 15- und 17-jährigen österreichischen Schülerinnen und Schülern wird in der auch hierzulande regelmäßig durchgeführten internationalen Health Behaviour in School-aged Children Study (HBSC-Studie – siehe Befragungen zur Kindergesundheit – HBSC) abgefragt. Im Rahmen der ebenfalls regelmäßig durchgeführten Österreichischen Gesundheitsbefragung (ATHIS – siehe Befragungen zur Kindergesundheit – ATHIS) wird seit 2014 eine subjektive Einschätzung der allgemeinen Gesundheit für die 0- bis 17-Jährigen von deren Eltern vorgenommen (Fremdeinschätzung). Die Ergebnisse dieser Befragungen werden unter Subjektiver Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen – Fremdeinschätzung (ATHIS) präsentiert.

Die Frage zur subjektiven Einschätzung der Gesundheit ist seit der sechsten österreichischen HBSC-Erhebung von 2002 Teil der Befragung und wird im Fragebogen mit der Frage „Wie würdest du deinen Gesundheitszustand beschreiben?“ erhoben. Die vorgeschlagenen Antwortmöglichkeiten sind „ausgezeichnet“, „gut“, „eher gut“ und „schlecht“.

Wie würdest du deinen Gesundheitszustand beschreiben?
Antwortmöglichkeiten: ausgezeichnet – gut – eher gut – schlecht

Diese subjektive Bewertung hat sich als signifikanter Prädiktor für Morbidität und Mortalität erwiesen, und die Schülerinnen und Schüler lassen erfahrungsgemäß physische, psychische und soziale Aspekte von Gesundheit in die Antworten einfließen. Deshalb ist die Einschätzung der eigenen Gesundheit auf Basis einer einzigen Frage eine gängige Methode, um den mentalen und körperlichen Gesundheitszustand zu messen.

Mit 87,9% bewertete in der jüngsten Studie 2018 die überwiegende Mehrheit der Befragten ihren Gesundheitszustand als „ausgezeichnet“ (34,4%) oder „gut“ (53,5%). Dabei gibt es jedoch Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Bei den Burschen beschrieben etwa 40,5% ihren Gesundheit als „ausgezeichnet“, bei den Mädchen waren es nur 29,5%. Entsprechend wurde ein „guter“ Gesundheitszustand von den Mädchen häufiger als von den Burschen angegeben. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede, die sich so in der Fremdeinschätzung der Eltern (ATHIS) nicht zeigten, steigen mit dem Alter bzw. der Schulstufe.

In den beiden anderen Kategorien – „eher guter“ (10,7%) oder „schlechter“ (1,3%) Gesundheitszustand – sind hingegen kaum mehr geschlechter- oder altersgruppenspezifische Unterschiede zu sehen.

Bezug zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes

Artikel 24 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes normiert die Gesundheitsvorsorge. Danach erkennen die Vertragsstaaten das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an, sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit. Die Vertragsstaaten bemühen sich sicherzustellen, dass keinem Kind das Recht auf Zugang zu derartigen Gesundheitsdiensten vorenthalten wird.

Die fallende Tendenz der Anteile mit „ausgezeichnetem“ Gesundheitszustand bei steigender Schulstufe der Studie 2018 – es beschrieben ihn insgesamt in der 5. Schulstufe noch 34,4% so, in der 11. Schulstufe nur noch 29,9% – ist hauptsächlich auf dieselbe Tendenz innerhalb der Gruppe der Mädchen zurückzuführen. Relativ unabhängig vom Alter tendieren die Burschen (im Mittel 40,5%; zwischen 39,3% in der 7. Stufe und 43,1% in der 11. Stufe) in weit höherem Ausmaß zu dieser Antwortkategorie als die Mädchen (im Mittel nur 29,5%; fallend von 36,9% in der 5. Stufe bis 24,1% in der 11. Stufe).

Gegengleich steigen die Anteile mit „gutem“ bzw. „eher gutem“ Gesundheitszustand bei den Mädchen (insgesamt 57,1% „gut“ bzw. 11,8% „eher gut“) im Wesentlichen mit dem Alter und sind etwas höher als bei den Burschen (insgesamt 49,0% „gut“ bzw. 9,3% „eher gut“). Aber vor allem bzgl. letzterer Kategorie und auch der Einstufung „schlecht“, welche sich jeweils etwa im Bereich von 1-2% befindet, sind kaum mehr Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder Altersgruppen zu sehen.

Auch wenn Mittelwertbildungen auf einer Ordinalskala (hier von 1 = „ausgezeichnet bis 4 = „schlecht“) aufgrund nicht näher definierter Unterschiede zwischen den Nennungen nur beschränkt anwendbar sind, können sie einen übersichtlicheren Vergleich (hier der unterschiedlichen Schulstufen bzw. Geschlechter, im nächsten Abschnitt auch der unterschiedlichen Erhebungsjahre), der alle Antwortkategorien mitberücksichtigt, bieten. Diesbezüglich zeigt sich in der Erhebung 2018 ebenso, dass Mädchen ihren Gesundheitszustand deutlich schlechter als Burschen einschätzen und zwar eben umso stärker, je älter sie werden. Am geringsten, aber bereits statistisch signifikant, ist dieser Geschlechterunterschied noch bei den 9-Jährigen, also in der 5. Schulstufe (durchschnittlich um 0,03 Punkte schlechter bei Schülerinnen als bei Schülern). In allen anderen Altersgruppen und auch insgesamt (durchschnittlich um 0,14 Punkte schlechter) ist dieser Unterschied jeweils statistisch hoch signifikant, am größten bei den 17-Jährigen (durchschnittlich um 0,26 Punkte schlechter).

Entwicklung

Hinweis: In älteren Erhebungen wird nicht die Schulstufe, sondern das Alter der Schülerinnen und Schüler, nämlich 11, 13, 15 oder 17 Jahre (letztere Gruppe seit 2010), ausgewiesen. Dies entspricht dem jeweiligen Durchschnittsalter in der 5., 7., 9. bzw. 11. Schulstufe. Da die Entwicklung über vier HBSC-Erhebungen, also seit 2006, beleuchtet werden soll, werden, außer wenn ohnehin die einzelnen Altersgruppen berichtet werden, aus Gründen der Vergleichbarkeit bei Gesamtzahlen die 17-Jährigen (11. Schulstufe) exkludiert.
Um Verzerrungen zu minimieren und wiederum eine bessere Vergleichbarkeit der einzelnen Jahrgänge zu erreichen, wurden die Daten von 2006 bis 2014 an jene von 2018 durch Gewichtung hinsichtlich Verteilung von Geschlecht und Schulstufen angepasst (eigene Berechnung). Dadurch können sich einige geringfügige Abweichungen zu den veröffentlichten Ergebnissen der älteren Erhebungen ergeben.

Hinweis: Mittelwertbildungen auf einer Ordinalskala (hier von 1 = „ausgezeichnet bis 4 = „schlecht“) sind, wie bereits angemerkt, aufgrund nicht näher definierter Unterschiede zwischen den Nennungen nur beschränkt anwendbar. Um alle Antwortmöglichkeiten zu berücksichtigen, können sie zu Vergleichszwecken und aus Gründen der Übersichtlichkeit dennoch herangezogen werden, was im Folgenden angewendet wird.

Seit 2006 zeichnen sich negative Veränderungen beim subjektiven Gesundheitszustand ab. Während unter den 11-, 13- und 15-Jährigen die Anteile der schlechteren Nennungen „eher gut“ und „schlecht“ zwar relativ konstant blieben (erstere jeweils gut 10%, letztere jeweils rund 1-2%), verschoben sich tendenziell die der besseren von „ausgezeichnet“ (2006 insgesamt noch 43,1%, 2018 nur mehr 35,6%) etwas zu „gut“ (2006: 45%; 2018: 52,9%).
Dieser negative Trend ist bezüglich des Geschlechts aber nur bei den Burschen und bezüglich des Alters nur bei den Jüngeren (5. und 7. Schulstufe) signifikant. Auch deshalb sind die bereits beschrieben Geschlechterunterschiede (in allen Altersgruppen) und die Unterschiede zwischen den Schulstufen kontinuierlich etwas rückläufig.

Die geschlechtsspezifischen Differenzen ziehen sich seit 2006 durch nahezu alle Altersgruppen (außer in der 5. und 7. Stufe 2014 waren alle statistisch signifikant) und sind meist umso größer, je älter die Befragten. Sie sind aber, gemessen an den Differenzen der Mittelwerte über die 11-, 13- und 15-Jährigen, von 0,21 Punkten im Jahr 2006 auf 0,11 Punkte im Jahr 2018 gesunken. Die Geschlechterunterschiede bezüglich den Nennungen „eher gut“ und „schlecht“ waren in allen vier betrachteten Untersuchungen nur geringfügig (2010 nur sehr schwach, in den anderen gar nicht statistisch signifikant).

Warum grundsätzlich die Selbstbeurteilung der Gesundheit der Mädchen schlechter ausfällt als die der Burschen, wird damit erklärt, dass Entwicklungsaufgaben in der Pubertät nicht nur insgesamt komplexer, sondern auch geschlechterspezifischer werden und bei Mädchen und Burschen mit verschiedenen physiologischen und psychischen Belastungen verbunden sind. Ähnliche Geschlechtsunterschiede sind auch bei anderen Gesundheitsindikatoren wie der Beschwerdelast, der Lebenszufriedenheit, des Körperselbstbildes, der Selbstwirksamkeit oder des emotionalen Wohlbefindens evident.

Der Effekt der sinkenden Qualität der subjektiven Gesundheitswahrnehmung mit steigendem Alter bereits bei Schulkindern ist in allen vier betrachteten Erhebungen, stärker bei den Mädchen, beobachtbar. Ein Erklärungsversuch dafür wäre, dass beide Geschlechter mit Einsetzen der Pubertät in ein „Gesundheitsloch“ fallen.

 

 

 

 

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