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Diabetes-Erkrankungen

Diabetes mellitus, auch unter dem Begriff Zuckerkrankheit bekannt, kann als Volkskrankheit bezeichnet werden. Diese chronische Stoffwechselerkrankung ist durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet. Geschätzte sieben bis elf Prozent der österreichischen Bevölkerung sind davon betroffen, wobei die Krankheit bei etwa einem Drittel davon undiagnostiziert ist. Immer häufiger sind davon auch jüngere Menschen betroffen. In Österreich sterben pro Jahr etwa 10.000 Personen an den Folgen von Diabetes. In den häufigsten Fällen sind dafür die Folgeerkrankungen Schlaganfall und Herzinfarkt verantwortlich (Österreichischer Diabetikerbericht 2017).

Die Klassifikation von Diabetes erfolgt in vier Typen:

  • Typ-1-Diabetes (T1D): Diese Autoimmunreaktion tritt meist plötzlich und schon im Kinder- und Jugendalter, seltener im Erwachsenenalter ein.
  • Typ-2-Diabetes (T2D): Dieser tritt meist im Erwachsenenalter ein, und es handelt sich um erblich bedingte Störungen der Insulinwirkung und Insulinausschüttung. In den letzten Jahren sind aber vermehrt auch jüngere Menschen betroffen. Die Hauptrisikofaktoren für den meist schleichenden Ausbruch werden durch den Lebensstil beeinflusst und sind Übergewicht, falsche Ernährung sowie Bewegungsmangel.
  • Gestationsdiabetes: Kann bei Frauen während einer Schwangerschaft eintreten und wird deshalb auch Schwangerschaftsdiabetes genannt.
  • Andere spezifische Diabetesformen.

Insgesamt ist Typ-2-Diabetes mit ca. 90% die häufigste Form, ca. 5% bis 10% sind an Typ-1-Diabetes erkrankt. Bei Kindern und Jugendlichen ist jedoch umgekehrt die Inzidenz des ersten Diabetestyps, also die Anzahl der Neuerkrankungen, etwa um den Faktor 50 höher als die des zweiten. Die anderen Diabetesformen spielen insgesamt (in allen Altersgruppen) nur eine untergeordnete Rolle, weshalb im Folgenden hauptsächlich T1D und T2D behandelt werden.

Bereits bei Kindern und Jugendlichen sollte die Diabetesprävention einen hohen Stellenwert haben, da ein frühes Ansetzen erfolgversprechend ist. Dazu gehört auch die Entwicklung der eigenen Gesundheitskompetenz, um durch nachhaltige Änderungen des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens der Entstehung der Krankheit entgegenzuwirken. Auch eine detaillierte Kennzeichnung von Lebensmitteln, gerade in Bezug auf „versteckten Zucker“ in der Nahrung, kann die Gesundheitskompetenz steigern und langfristig eine Verringerung der Diabetes-Neuerkrankungen bewirken.

Zur Inzidenz von Diabetes gibt es eine gute, wenngleich auch fragmentierte und nicht laufend aktualisierte, Datenbasis. Die Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, erfasst in ihrem Diabetes-Inzidenz-Register alle neu diagnostizierten Fälle von Diabetes mellitus (seit 1979 Typ-1-Diabetes, seit 1999 auch Typ-2-Diabetes), wobei der Fokus auf den unter 15-Jährigen liegt. Da die Daten des Registers zunächst wissenschaftlichen Publikationen vorbehalten sind, stehen nicht immer die aktuellsten Informationen zur Verfügung. Für weitere Daten bezüglich der Diabetes-Prävalenz und -Inzidenz bei Kindern kann etwa auf Medikamentenverordnungsdaten oder die Diagnosen- und Leistungsdokumentation im stationären Bereich zurückgegriffen werden.

In der Gruppe der 0- bis 14-Jährigen wird in Österreich von etwa 1.600 Diabetes-Betroffenen ausgegangen, was ungefähr einer Prävalenz von 0,1 Prozent entspricht. So haben im Jahr 2015 laut Medikamentenverordnungsdaten der Sozialversicherungsträger 1.618 Kinder (871 männliche und 747 weibliche Personen unter 15 Jahren) Insulin oder orale Antidiabetika erhalten. Dies sind 0,13 Prozent der 0- bis 14-Jährigen (130 Kinder pro 100.000 dieser Altersgruppe; alle Diabetes-Typen).

Für Informationen zur ambulanten und stationären Versorgung von Diabetes-erkrankten Kindern siehe: Versorgung Diabetes-erkrankter Kinder

Bezug zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes 

In Art 24 wird die Gesundheitsvorsorge von Kindern und Jugendlichen geregelt. Danach sollen die Vertragsstaaten das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit anerkennen sowie die Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit. Weiters sollen die Vertragsstaaten bemühen sich sicherzustellen, dass keinem Kind das Recht auf Zugang zu derartigen Gesundheitsdiensten vorenthalten wird.

Entwicklung

Im Jahr 2015 wurden in der Altersgruppe der 0- bis 14-Jährigen 237 neu diagnostizierte Typ-1- Diabetes- sowie vier Typ-2-Diabetes-Fälle dokumentiert. Dies entspricht einer Inzidenzrate von 19,2 bzw. 0,4 Kindern pro 100.000 dieser Altersgruppe. Im Jahr 2017 lag diese Inzidenzrate für den ersten Typ bei 22,5 pro 100.000 (leichter Überhang bei den Burschen mit 23,2; Mädchen: 21,7) und den zweiten bei 0,7 pro 100.000.

Insgesamt neu diagnostizierte im Diabetes-Inzidenz-Register erfasste T1D-,T2D- und andere spezifische Diabetes-Fälle bei 0- bis 14-Jährigen von 1999-2017
Quelle: Rami-Merhar B, Hofer SE, Fröhlich-Reiterer E, Waldhoer T, Fritsch M, für das österreichische Diabetes-Inzidenz-Register. Time trends in incidence of diabetes mellitus in Austrian children and adolescents <15 years (1989-2017). Pediatr Diabetes. 2020;21:720–726.

1999-2017T1DT2Dandere spezifische Diabetesformen
Anzahl der Fälle435683185
in Prozent94,2%1,8%4,0%
% weiblich46,1%*60,3%*50,3%
Altersdurchschnitt bei Diagnose8,5 Jahre*12,7 Jahre*9,5 Jahre
Methodisch bedingt sind Geschlechterproportionen und Altersschnitte mit statistischen Unsicherheiten behaftet. Werte, bei welchen statistisch signifikante (p=5%) Unterschiede zwischen T1D und T2D festgestellt wurden, sind mit * markiert.

Insgesamt wurden im Diabetes-Inzidenz-Register 4.624 neue Diabetes-Fälle erfasst. Die Mehrheit davon waren mit 94,2% Typ-1-Diabetes-Fälle und nur 1,8% vom zweiten Typ. Dabei waren unter den T2D-Fällen signifikant mehr Mädchen als bei den T1D-Fällen zu beobachten, und die Kinder waren signifikant älter (12,7 Jahre bei T2D verglichen mit 8,5 Jahren bei T1D).

Geschätzte jährliche prozentuelle Änderungen in der Inzidenz der T1D- und T2D-Fälle bei den 0- bis 14-Jährigen von 1999-2007 nach Altersgruppen
Quelle: Rami-Merhar B, Hofer SE, Fröhlich-Reiterer E, Waldhoer T, Fritsch M, für das österreichische Diabetes-Inzidenz-Register. Time trends in incidence of diabetes mellitus in Austrian children and adolescents <15 years (1989-2017). Pediatr Diabetes. 2020;21:720–726.

TypAlter (Jahre)Zeitraumjährliche geschätzte Änderungsrate
T1D0-41989-2007+7,1%*
2007-2017-0,9%
T1D5-91989-2017+4,1%*
T1D10-141989-2017+3,8%*
T1D0-141989-2012+4,5%*
2012-2017+0,3%
T2D0-141999-2017+3,7%
Methodisch bedingt (Joinpoint-Regression) sind die durchschnittlichen jährlichen Änderungsraten mit statistischen Unsicherheiten behaftet. Mit * markierte Werte sind statistisch signifikante (p=5%) jährliche Änderungen in diesem Zeitabschnitt, bei den anderen kann nicht von signifikanten Änderungen gesprochen werden.

Zwischen 1989 und 2012 hat es einen deutlichen Anstieg von Typ-1-spezifischen Neuerkrankungsfällen gegeben (signifikante +4,5% pro Jahr), während die Rate anschließend bis 2017 verhältnismäßig konstant geblieben ist. Dies ist zu einem Gutteil auf eine starke Steigerung unter den Kleinsten, also den unter 5-Jährigen, bis 2007 zurückzuführen (signifikante +7,1% pro Jahr). Aber auch in den anderen Altersgruppen wird ein zwar moderaterer, dafür aber über den gesamten Zeitraum von 1989 bis 2017 signifikanter jährlicher Anwuchs der Inzidenzraten ausgewiesen (5-9: +4,1%; 10-14: +3,8%).

Demgegenüber ist die Typ-2- Diabetes-Inzidenz seit Aufzeichnung 1999 bis 2017 zwar ebenfalls leicht (+3,8%) angestiegen, allerdings – auch aufgrund der weitgehend konstant deutlich niedrigeren Rate und somit geringeren Fallzahl – nicht statistisch signifikant.

Weitere Informationen bieten unter anderem:

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